Gegen das Vergessen: Monique Charlesworth – der Besuch einer Romanautorin und einer Tochter

Der 17.10.23 wird sicherlich vielen Schüler*innen in Erinnerung bleiben, denn an diesem Tag besuchte uns Monique Charlesworth, um ihr Buch „Mother Country“ vorzustellen und uns an der Lebensgeschichte ihrer Mutter teilhaben zu lassen. Aber warum sollte uns genau diese Geschichte interessieren?

Monique Charlesworth wurde 1951 in England geboren und wuchs mit ihrer älteren Schwester bei ihrer alleinerziehenden Mutter Inge auf. Ihre Kindheit war geprägt von Widersprüchen und einer Aura des Schweigens und einem daraus resultierenden schwierigen Verhältnis der beiden Mädchen zu ihrer Mutter. Von dem Geheimnis ihrer Mutter erfuhr Monique Charlesworth erst im Alter von 12 Jahren: Inge war nicht – wie angenommen – Engländerin, sondern als Kind deutscher Eltern in Mülheim an der Ruhr geboren und aufgewachsen. Ihr Vater, Arthur Rosenbaum, war ein jüdischer Kommunist, der nach jahrelanger Verfolgung und mehrerer Inhaftierungen 1943 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Inges Mutter, Mathilde Rosenbaum, floh mit ihrer Tochter, die als Halbjüdin in Deutschland nicht sicher war, ins Ausland. Wie diese Kindheit als „Mischling“ in einem nationalsozialistischen Deutschland den Charakter und das gesamte Leben ihrer Mutter beeinflusst hat und damit auch das Leben ihrer Tochter Monique, davon erzählt Monique Charlesworth in ihrem Buch. Nicht zuletzt durch die Arbeit zweier ehemaliger Schüler*innen des Gymnasiums Broich, Angelina Mehler und David Bakum,

entstand im Rahmen der Stolperstein-AG nicht nur eine besondere Verbindung der Autorin zu Mülheim als Heimat ihrer Mutter, sondern ebenfalls eine besondere Verbindung zu Angelina und David, von der wir als ehemalige Schule profitieren durften.

Der Vortrag von Monique Charlesworth wurde eingeleitet durch Annett Fercho vom Stadtarchiv und einer Rückschau auf die Stolperstein-AG von der mittlerweile pensionierten Geschichtslehrerin Doris von Bancels. Die ehemaligen Abiturient*innen David Bakum und Angelina Mehler stellten uns dann eine Kurzfassung der von ihnen recherchierten Biografie der Großeltern, Mathilde und Arthur Rosenbaum, vor. Sie erzählten von ihrer Recherche, den langen Akten der Gestapo und von der Geschichte, wie sie auf die Familie Rosenbaum stießen und so auch auf Monique Charlesworth. Anschließend trat Monique an das Rednerpult. Sie erzählte die Geschichte ihrer Mutter, von ihrem persönlichen Verhältnis zu ihr und wie sie schließlich doch noch erfahren hat, dass sie Halb-Jüdin ist. Außerdem berichtete sie auch von der von Hass und Ausgrenzung geprägten Kindheit ihrer Mutter und wie das Leben von Inge häufig mit Angst, Flucht und einem immer wiederkehrenden Neuanfang verbunden war. Als sie in der Aula ihren Vortrag hielt, folgten ihr alle aufmerksam und in der folgenden Fragerunde beantwortete sie die Fragen ernsthaft und zugleich mit Witz und Charisma. Ihr Vortrag war äußerst interessant und lehrreich. Sie ist eine bezaubernde und charmante Persönlichkeit und erzählt in ihrem Buch und live eine berührende und zugleich heitere Geschichte. Durch den heutigen Tag wurde uns noch einmal die Wichtigkeit vor Augen geführt, sich mit der NS-Zeit und dem Holocaust auseinander zu setzen, da der durch die Nationalsozialisten verursachte Hass und die daraus resultierenden Tragödien auch die nächsten Generationen beeinflusst haben. Gleichzeitig durften wir lernen, dass Erinnerungskultur nicht nur traurig sein muss, sondern neue Horizonte eröffnen und Verbindungen hervorbringen kann. Wir danken Frau Charlesworth sehr für ihre Zeit und bedanken uns auch bei allen, die am heutigen Tag zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben. 

(Lucas Barden & Tanja Weymann)